Sprachverstehensdiagnostik im Jugendalter: Besonderheiten des LSI.J – Leipziger Sprachinstrumentarium Jugend in der sprachtherapeutischen Praxis

Danielle Pino1* & Bettina Scheithauer2*, Ruth Kessler3, Marat Iagudin3, Vivien Schütz4, Vera Oelze2, Susanne Wagner4, Christian W. Glück3, Carina Krause3

* geteilte Erstautorenschaft
1 Medizinische Fakultät, Universität Leipzig, Deutschland
2 Philosophische Fakultät III, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Deutschland
3 Erziehungswissenschaftliche Fakultät, Universität Leipzig, Deutschland
4 Abteilung Forschung und Entwicklung, Berufsbildungswerk Leipzig für Hör- und Sprachgeschädigte gGmbH, Deutschland


Der Beitrag thematisiert Besonderheiten der Tablet-basierten Diagnostik von Sprachverstehensdefiziten mittels LSI.J (Leipziger Sprachinstrumentarium Jugend) mit Blick auf die sprachtherapeutische Praxis in der Gruppe der Jugendlichen mit persistierenden entwicklungsbedingten Sprach- und Hörverarbeitungsstörungen. LSI.J ist niedrigschwellig konzipiert und zeitökonomisch einsetzbar. Die standardisierte Auswertung erfolgt automatisch in der App und liefert quantitative und qualitative Informationen zu den Testleistungen. Die Normdaten (14-22 Jahre) basieren auf dem Prinzip der kontinuierlichen Normierung, sodass die Testleistung (bis auf den Monat) altersgenau modelliert werden kann. Darüber steht ein online verfügbarer Normwertrechner zur genaueren Einordnung der Ergebnisse zur Verfügung.

Die prognostische Validität früher Sprachscreenings für Sprachentwicklungsstörungen

Eveline Pinstock1 und Satyam Antonio Schramm1
1 Universität Potsdam

Diese Studie untersucht erstmals die prognostische Validität der Sprachscreenings FRAKIS-K und SBE-2-KT im Alter von zwei Jahren bezogen auf eine klinisch relevante Sprachentwicklungsstörung im Alter von vier Jahren. Die prognostische Validität wird anhand von Sensitivität, Spezifität, positivem und negativem prädiktiven Wert sowie dem RATZ-Index ermittelt. Mittels ROC-Kurven werden ideale Cut-Off-Werte der Wortschatzlisten des FRAKIS-K und SBE-2-KT für die Unterteilung in auffällig und unauffällig berechnet. Auf dem Poster werden die Ergebnisse der Studie vorgestellt und die praktischen Implikationen für den Einsatz der Sprachscreenings im Rahmen der kinderärztlichen Vorsorgeuntersuchung U7 diskutiert.

6 | Winterholler: Post Covid

Cordula Winterholler, Netzwerk Schluckstörungen, Nürnberg & Logopädische Praxis, Bamberg
Post Covid Conditions: Von der Leitlinie in die logopädische Therapie – wie Handlungsempfehlungen den Weg in die Praxis finden

Workshopbeschreibung

Post Covid Conditions (PCC, auch Long/Post Covid) fordern das Gesundheitswesen und unsere Gesellschaft in ihrer Komplexität auf unterschiedliche Weise heraus. Darauf hatte die WHO schon Anfang 2021 in einem Policy Brief hingewiesen. In die S1 Leitlinie ist die Logopädie erst in der aktualisierten Fassung von 08/22 aufgenommen worden. Handlungsempfehlungen und ein PCC spezifischer Anamnesebogen sind seit 12/21 verfügbar.
Die Fragen, die angesichts der Komplexität und des stetigen On Going Prozesses – Forschung in Echtzeit – bleiben, sind: Wie gehe ich mit PCC Betroffenen im Therapiealltag um? Welche Empfehlungen sind im Praxisalltag umsetzbar? Worin unterscheiden sich PCC Betroffene voneinander? Kann ich mit Therapieangeboten auch schaden?

Wir fokussieren in diesem Workshop speziell die Fatigue, die mit ca. 53% zu den häufigsten Symptomen bei PCC zählt. Das Thema „Fatigue“ ist kein neues Thema für die Logopädie – wir kennen es z.B. aus den Bereichen wie MS, der Onkologie, des palliativen Settings. Diesem Aspekt haben wir bisher möglicherweise noch nicht genug Raum gegeben.

Über die Referentin
Cordula Winterholler M.A. ist Linguistin und Logopädin. Sie arbeitet in Nürnberg im Netzwerk Schluckstörungen sowie in Bamberg in der logopädischen Praxis Först & Mansaré. Ihr Arbeitsschwerpunkt sind die Schluckstörungen, hier besonders die im Rahmen der Palliativen Logopädie. Dazu hat sie auch mehrere Artikel und Bücher veröffentlich. PCC wurde ab 10/2020 ein weiterer Arbeitsschwerpunkt. Sie arbeitet aktiv an der S1 Leitlinie Post Covid Conditions und der Patientenleitlinie dazu mit. Mit dem dbl e.V. und der HAWK organisierte sie das erste Symposium im Oktober 2021 zu diesem Thema und wirkte bei einigen Vortragsreihen mit. Im Sommersemester 2023 hat sie einen Lehrauftrag an der HAWK (Juliane Leinweber) zu PCC in der Praxis, außerdem betreut sie BA Arbeiten, die sich mit dem Themenspektrum PCC beschäftigen.

5 | Bröcheler: Leichte Sprache

Ilka Bröcheler, ZUK Moers
Leichte Sprache im Kontext von Sprachtherapie 

Workshopbeschreibung
Schriftsprache ist eine Selbstverständlichkeit in unserer Gesellschaft. Leider ist der Zugang dazu nicht jedem gegeben. Wir alle kennen lange, unübersichtliche Texte mit unbekannten Begriffen, die es uns schwer machen, sie zu verstehen. Insbesondere für Menschen mit Beeinträchtigungen sind sie eine unüberwindbare Barriere. Ein selbstständiges und selbstbestimmtes Handeln ist erschwert. Das Behindertengleichstellungsgesetz fordert, die Texte entsprechend der Zielgruppen anzupassen.  Dazu gibt es die Leichte Sprache. Leichte Sprache ist eine speziell geregelte einfache Sprache und dient zur besonders leichten Verständlichkeit. Dies gilt nicht nur für Texte, sondern auch für die gesprochene Sprache. Viele flüchtige Wörter, die nicht immer schnell verarbeitet werden können, erschweren das Verstehen von gesprochener Sprache. 
In dem Workshop geht es um die Vermittlung der Grundlagen. In einem Theorieteil werden ein paar Regeln der Leichten Sprache erarbeitet und in kleinen praktischen Übungen der Einsatz dieser erprobt.

Über die Referentin
Ilka Bröcheler machte 2009 den Abschluss als Logopädin, Bachelor of Health an der Hogeschool van Arnhem en Nijmegen und 2010 den Master of Arts in Language & Speech Pathology an der Radboud Universiteit Nijmegen. Sie arbeitete zunächst für 2,5 Jahre als Sprachtherapeutin im Gesundheitszentrum Hunsrück. Seit 2013 ist sie im Zentrum für Sprachtherapie Moers (ZfS) mit den Schwerpunkten komplexe Sprachentwicklungsstörungen und Unterstützte Kommunikation tätig.
Sie arbeitet u.a. in einer Förderschule und in Wohn- und Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Seit 2019 ist sie freiberuflich als Referentin und Beraterin im  Zentrum für Unterstützte Kommunikation ZUK Moers gGmbH tätig. Sie ist zertifizierte UK-Fachtherapeutin und systemisch-lösungsorientierte  Beraterin.

4 | Schütz: Zielorientiertes Dialogisches Lesen

Dr. Detta Sophie Schütz, Universität Bremen
Förderung des Erwerbs morpho-syntaktischer Fähigkeiten mit Bilderbüchern – Das Sprachförderkonzept „Zielorientiertes Dialogisches Lesen“

Workshopbeschreibung
Das Sprachförderkonzept „Zielorientiertes Dialogisches Lesen“ ermöglicht es, Kinder während der Dialogischen Bilderbuchbetrachtung gezielt dabei zu unterstützen, Regelhaftigkeiten in der deutschen Grammatik zu entdecken und zu erwerben. Dabei kommt ein Verfahren zur Feststellung des aktuellen Erwerbsstandes zum Einsatz, damit in der Förderung die „Zone der nächsten Entwicklung“ anvisiert werden kann. Als Materialien für die Sprachförderung werden lediglich Bilderbücher und selbst erstellte Karteikarten benötigt.
Die Teilnehmenden des Workshops lernen das Sprachförderkonzept „Zielorientiertes Dialogisches Lesen“ sowie die Methode zur Feststellung des aktuellen Spracherwerbsstandes der Kinder kennen. Sie analysieren gemeinsam die zur Verfügung gestellten Bilderbücher, um festzustellen, für welche grammatischen Zielstrukturen sie in der Förderung eingesetzt werden können. Zudem erstellen sie eigene Karteikarten (Fördermaterial) zu einem ausgewählten Bilderbuch.

Über die Referentin
Dr. Detta Sophie Schütz studierte Sprachheilpädagogik (Diplom) an der Universität zu Köln. In ihrer Dissertation setzte sie sich mit der Effektivität von Sprachfördermaßnahmen in Kindertagesstätten auseinander. Sie arbeitete sieben Jahre lang als Sprachtherapeutin in logopädischen Praxen und einer integrativen Grundschule, bevor sie 2016 als Universitätslektorin an der Universität Bremen angestellt wurde. Dort lehrt und forscht sie im Arbeitsgebiet Deutschdidaktik des Fachbereichs Bildungs- und Erziehungswissenschaften mit den Arbeitsschwerpunkten Spracherwerb, Sprachbildung und Sprachförderung.

3 | Parau: Stärken stärken

Stephanie Parau, NaturTalent Stiftung® & Praxis für Sprachtherapie, Fürstenfeldbruck
Stärken stärken – Stärkenorientierung für Therapeut*innen

Workshopbeschreibung
Ein sehr handlungs- und ressourcenorientierter Ansatz im Bereich der Resilienz überlegt, was eigentlich die eigenen Stärken sind und wo das  individuelle Potential steckt. Eine Einführung in das Thema  Stärkenorientierung gibt Antworten auf die Fragen: Wie lässt sich “Stärke” definieren? Wie kommt man seinen Stärken auf die Spur? Warum tun wir uns so schwer unsere Stärken zu benennen? Wie geht man mit  Schwächen um? In Gruppenübungen werden die eigenen Stärken dann konkret ermittelt und mit einer “Betriebsanleitung für sich selbst” die eigenen  Bedürfnisse im Arbeitsumfeld erarbeitet.

Über die Referentin
Stephanie Parau ist akademische Sprachtherapeutin und zudem StärkenCoach und auch Ausbilderin für Coaches und Trainer*innen auf diesem Gebiet. Sie hält Vorträge und Workshops in Firmen, an Schulen und Universitäten und macht auch individuelle Coachings. Sie hat ein Konzept zur Stärkenorientierung spezifisch für Therapeut*innen entwickelt. Sie findet: “Wir Sprachtherapeut*innen, gesegnet mit einem wunderbaren Beruf, müssen resilient arbeiten. Das gelingt hervorragend und sehr leicht mit Hilfe der Stärken. Damit weiß ich was ich gut kann und erkenne auch, was mir nicht liegt. Ich muss nämlich nicht alles können, aber ich sollte wissen, was ich gut kann und das regelmäßig einsetzen.”

2 | Schuster: FMP

Petra Schuster, BlickRichtung Wittorf
Funktionales Mundprogramm (FMP®)

Workshopbeschreibung
In diesem praxisorientierten Workshop geht es darum, die Übungen sowie den Ablauf und Varianten des Funktionalen Mundprogramms (FMP®) kennenzulernen. Das FMP® ist ein Behandlungskonzept für Patient:innen mit myofunktionellen Störungen, das ein systematisches Vorgehen mit klarer Stundenplanung, Übungsabfolge, Therapiedauer und Erfolgskriterien festlegt. Die ausschließlich auf den orofazialen Bereich ausgerichteten Übungen werden strukturiert und trotzdem individuell angepasst an das Alter und die jeweiligen Fähigkeiten durchgeführt. Erste kleine Studien zur Wirksamkeit und Praktikabilität des FMP® liegen vor.
Als Einstieg werden kurz die Grundlagen von Mundfunktionsstörungen besprochen, um dann in die Grundgedanken des FMP® einzusteigen. Diese bilden die Basis, um gemeinsam die wichtigsten Übungen des Programms ausprobieren zu können.

Material: Um die Übungen durchführen zu können, ist das FMP®-Materialset erforderlich. Bezugsquelle: https://www.therapiespiele.com/fmp/

Über die Referentin
Petra Schuster absolvierte ihre Ausbildung zur Logopädin 1990 und arbeitete bis 2007 in eigener Praxis, in dieser Zeit entstand auch das FMP®. Anschließend studierte sie berufsbegleitend Angewandte Therapiewissenschaften (B.Sc.) und Gesundheitsökonomie (M.A.). Nach fünf Jahren als Lehrlogopädin an einer Berufsfachschule und weiteren fünf Jahren als Studiengangsleitung in Hamburg ist Petra Schuster seit 2018 Lehrbeauftragte für verschiedene Hochschulen. Außerdem bietet sie als Dozentin für Fortbildungsinstitute Seminare an und begleitet Praxisinhaber:innen aus dem Heilmittelbereich als Beraterin und Coach. Weitere Informationen finden Sie hier.

1 | Kauschke: PDSS

Prof. Dr. Christina Kauschke, Philipps-Universität Marburg
Zur Neuentwicklung der Patholinguistischen Diagnostik bei Sprachentwicklungsstörungen (PDSS)

Workshopbeschreibung
Nach langjähriger Entwicklungsarbeit eines multidisziplinären Teams erschien 2022 die vollständig neu konzipierte dritte Auflage der Patholinguistischen Diagnostik bei Sprachentwicklungsstörungen (PDSS) in einer Printversion und als webbasierte Software. Mit 10 Subtests aus den Bereichen Wortschatz, Aussprache und Grammatik lässt sich ein Sprachprofil erstellen, das ein umfassendes Bild sprachlicher Stärken und Schwächen von Kindern zwischen 2;6 und 6;11 Jahren bietet. Neben Erweiterungen bereits bekannter Subtests wurden eine computerunterstützte Grammatikanalyse und eine Auswertung der Makrostruktur erzählter Bildgeschichten eingeführt. Auf der Basis der deutschlandweiten Normierung an 1021 Kindern wurden altersrelatierte Normwerte zur Verfügung gestellt; zudem wurde eine Vorgehensweise für mehrsprachige Kinder integriert. Der Workshop gibt einen Einblick das Verfahren und seine konzeptuellen und methodischen Veränderungen.

Über die Referentin
Christina Kauschke ist Professorin für Klinische Linguistik an der Philipps-Universität Marburg. Ihre Schwerpunkte liegen in der Erforschung des ungestörten und gestörten Spracherwerbs und in der Entwicklung von Diagnostik- und Therapieverfahren für Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen. Weitere Forschungsgebiete liegen in den Bereichen Wortverarbeitung sowie Sprache und Emotion.

Die Basalganglien bei der Lautstärkeverarbeitung: Was bedeutet das für Personen mit Morbus Parkinson?

Tena Grahovac
Universität Potsdam & Charité – Universitätsmedizin Berlin

Die Basalganglien scheinen nicht nur motorische Funktionen zu haben, sondern auch eine Rolle bei der Verarbeitung von Lautstärke zu spielen. Diese Erkenntnisse könnten eine große Relevanz bei der sprachtherapeutischen Behandlung von Personen mit Morbus Parkinson haben. Möglicherweise ist die Ursache sprechmotorischer Symptome, wie das leise Sprechen der Betroffenen, nicht produktiver sondern rezeptiver Natur. Ist dies der Fall, sollte nicht nur auf produktiver sondern auch auf rezeptiver Ebene mit den Betroffen geübt werden, um eine nachhaltige, effektive und effiziente Therapie zu gewährleisten.