P03 | Narrative Kompetenzen bei Kindern mit und ohne Autismus-Spektrum-Störung

Narrative Kompetenzen bei Kindern mit und ohne Autismus-Spektrum-Störung – ENNI-Adaption des Narrative Scoring Scheme (NSS)
Friederike Köller & Isabel Neitzel
Technische Universität Dortmund

Es mangelt an Verfahren zur Diagnostik narrativer Kompetenz, die makro- und mikrostrukturelle Elemente abbilden. Das Narrative Scoring Scheme (NSS) stellt ein etabliertes und variabel einsetzbares Instrument zur Einschätzung beider Ebenen dar, wurde bislang aber primär für die Bildergeschichte »Frog, where are you?« eingesetzt. Für die Bildergeschichten des Edmonton Narrative Norms Instrument (ENNI) lassen sich hingegen nur die makrostrukturellen Kompetenzen auswerten. Ziel dieser Studie war die Entwicklung und Erprobung einer NSS-Adaption für die ENNI-Geschichte A2 zur differenzierten Erfassung makro- und mikrostruktureller Elemente kindlicher Erzählungen. Die Adaption wurde anhand einer Stichprobe von 42 männlichen Probanden (6-11 Jahre), 21 mit und 21 ohne eine Autismus-Spektrum-Störung, erprobt. 25% der Erzählungen wurden durch eine unabhängige Zweit-Raterin ausgewertet. Gruppenvergleiche zeigten signifikante Unterschiede zwischen NSS-Makrostruktur und Story Grammar-Score (ρ=0.67, p < .001), zwischen NSS-Mikrostruktur und CCC-R Grammatik-Semantik (ρ=-0.39, p = .014) sowie die Interrater-Reliabilität (Krippendorff α = 0.98 gesamt, Einzelkategorien größtenteils ≥0.80). Die NSS-Adaption differenziert somit zwischen den Gruppen und erfasst makro- und mikrostrukturelle narrative Fähigkeiten. Sie ist als zeitökonomisches Diagnostikverfahren auch für wenig erfahrene Rater*innen geeignet. Weitere NSS-Adaptionen werden im DynPer-Projekt evaluiert.

P02 | Erzählförderung in der Förderschule Sprache

Erzählförderung in der Förderschule Sprache
Lina Rüggen & Isabel Neitzel
Technische Universität Dortmund

Sprachliche Kompetenzen sind zentral für den Bildungserfolg und die soziale Teilhabe. Mündliches Erzählen gilt dabei als wesentliche Vorläuferkompetenz der Bildungssprache, die bereits im frühen Kindesalter durch alltägliche Interaktionen, Rollenspiele und Vorlesen gefördert werden kann. Besonders für Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen erweist sich die Entwicklung narrativer Fähigkeiten als herausfordernd, da Defizite in Wortschatz, Grammatik und Textverständnis zu eingeschränkten Erzählstrukturen führen können. In dieser Untersuchung wurde ein Förderkonzept mit elf Schüler*innen einer zweiten Klasse an einer Förderschule Sprache durchgeführt. Grundlage bildeten u.a. fünf narrative Fördereinheiten zum Bilderbuch »Wo tut’s denn weh?« (Sarnes, 2022), die sich an den makrostrukturellen Elementen der Geschichtenteile orientierten. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die sprachförderlichen Unterstützungsmaßnahmen der Lehrperson, wie offene und adaptierte Fragen entscheidend dafür sind, dass Schüler*innen makrostrukturelle Elemente verbalisieren. Zudem erweisen sich Rollenspiele als effektives Mittel, um Handlungsabfolgen nachzuvollziehen und gemeinsame Erzählteile zu realisieren. Insgesamt zeigt die Untersuchung die Relevanz gezielter Erzählförderung, um Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen zu unterstützen.

P01 | Multimodales Erzählen im Vorschulalter

Multimodales Erzählen im Vorschulalter
Marie Daiber
Universität Münster & Cochlear Implant Center der Uniklinik Köln

Als Teil der alltäglichen sozialen Interaktion sowie Prädiktor für den Schriftspracherwerb wird der Erzählfähigkeit insbesondere im Vorschulalter eine hohe Relevanz zugeschrieben. Das mündliche Erzählen basiert auf einem komplexen Zusammenspiel von kognitiven, kommunikativen und sozialen Kompetenzen (Quasthoff et al., 2019), wobei Multimodalität eine entscheidende Rolle spielt. Bisherige Studien stellen bereits den jeweiligen Einfluss von Prosodie und Gestik auf kindliche Erzählprofile dar (Hübscher & Prieto, 2019), während eine kombinierte Betrachtung noch aussteht.
Die Pilotstudie eines Promotionsprojektes untersucht, wie sich Multimodalität innerhalb der individuellen Erzählprofile von sprachunauffälligen Kindern im Vorschulalter zeigt.
Bei 12 sprachunauffälligen Kindern im Alter zwischen 4;0 und 6;3 Jahren wurden hierzu die drei Erzählformen Reproduktion, Fantasie- und Erlebniserzählung erhoben. Basierend auf der inhaltlichen Strukturierung und sprachlichen, prosodischen sowie gestischen Gestaltung der Erzählungen in Kombination mit deren Organisation und Integration innerhalb der Erzählinteraktion wurden qualitativ individuelle Erzählprofile abgeleitet. Anschließend erfolgte ein quantitativer intra- und interindividueller Vergleich der Erzählfähigkeit mit Blick auf deren Multimodalität.
Zum Zeitpunkt des 19. Herbsttreffens Patholinguistik werden erste Ergebnisse sowie Schlussfolgerungen präsentiert.

P08 | Erfahrungen von stotternden Kindern

Erfassung der Erfahrungen von stotternden Kindern des ersten bis vierten Schulbesuchsjahres mithilfe des OASES-S
Sophie Christiani1 & Diana Leinweber2
1 Sprachtherapie Thiemann in Werne & 2 Logopädische Praxis Luise Hardtke in Rostock

Studien zufolge steigen negative Erlebnisse mit dem eigenen Stottern tendenziell mit zunehmendem Alter (u.a. Vanryckeghem et al., 2001), jedoch fehlen Informationen zu Kindern in der Primarstufe. Zur Erfassung der Erfahrungen stotternder Kinder im Alter von 7–12 Jahren empfehlen Neumann et al. (2017) das OASES-S (Yaruss et al., 2016), dessen Umsetzbarkeit diskutiert wird. Studienziel war die Untersuchung der Erfahrungen stotternder Kinder mit dem OASES-S unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht und Mehrsprachigkeit. Im Rahmen dieser Studie wurden 5 selbst erhobene und 30 archivierte Fragebögen von Kindern des 1. bis 4. Schulbesuchsjahres (SBJ) ausgewertet. Im ersten Teil fand u.a. ein Vergleich zwischen Gruppe A (1.–2. SBJ) und Gruppe B (3.–4. SBJ) statt. Die Auswertung ergab keine signifikanten Unterschiede zwischen Gruppe A und B. Im Vergleich zu den Kindern des zweiten SBJ wiesen Kinder des ersten SBJ signifikant negativere Angaben auf, was auf einen »Schock« nach Schuleintritt hindeutet. Der zweite Teil analysierte Schwierigkeiten bei der Durchführung des OASES-S bei 5 Kindern. Hierbei zeigten sich Leseschwierigkeiten, Probleme bei Fremdwörtern und im Verständnis, Unsicherheiten beim Beantworten und Ermüdung – besonders bei jüngeren Kindern. Da negative Erfahrungen mit den SBJ und besonders beim Schuleintritt zunehmen, sollten Einflüsse des schulischen und sozialen Umfelds stärker berücksichtigt, das OASES-S altersgerecht angepasst und um kürzere Fragebögen ergänzt werden.

Die Posterjury beim 19. Herbsttreffen Patholinguistik

Kathleen Schneider, Ina Diedrich und Elisa Rath haben sich bereit erklärt, die Begutachtung für den diesjährigen Posterpreis zu übernehmen. D.h. sie werden sich im Vorfeld des Herbsttreffens die Poster genau anschauen und anhand eines Bewertungsschemas hinsichtlich Inhalt, Aufbau bzw. Layout sowie formalen Aspekten beurteilen.
Vielen Dank für diese Arbeit! Weitere Infos zu den Jurorinnen finden sie im Posterbereich.
Posterabstracts können noch bis Ende September eingereicht werden.
Die Preisverleihung findet im Rahmen des Herbsttreffens am 15.11.2025 statt.

Portraits der Posterjury für das 19. Herbsttreffen 2025. Die drei dargestellten Jurymitglieder von links nach rechts sind: Kathleen Schneider, Ina Diedrich und Elisa Rath

Call for Poster

Für das 19. Herbsttreffen Patholinguistik können für die thematisch offene Posterpräsentation Beiträge eingereicht werden. Die Einreichfrist endet am 30.09.2025.

Egal ob Forschungsprojekt oder Falldarstellung, egal ob von Posteranfänger:innen oder von routinierten Präsentator:innen – alle Postereinreichungen zu Themen der sprachtherapeutischen Praxis und Forschung sowie zu verwandten Themengebieten sind willkommen!

Unter den angenommen Postern wird ein mit insgesamt 200 € dotierter Posterpreis durch eine Jury an die drei bestplatzierten Poster vergeben.

Darüber hinaus wird ein kurzer schriftlicher Beitrag im Tagungsband veröffentlicht, der im Folgejahr erscheint.

Auf die Plätze… fertig… los! Die Anmeldung ist geöffnet.

Es ist so weit. Ab sofort können Sie das komplette Programm des 19. Herbsttreffens einsehen oder als Flyer herunterladen und sich direkt online für die Veranstaltung anmelden. Ebenfalls geöffnet ist das Formular für die Postereinreichung.

Unter dem Motto »Narrative Brücken: Therapie der Erzählfähigkeit bei Kindern und Erwachsenen« werden sich sieben Vorträge mit den narrativen Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen sowie Erwachsenen mit Aphasie, Kognitiven Kommunikationsstörungen und Demenz befassen. Dabei werden diagnostische und therapeutische Konzepte berücksichtigt, aber auch Fördermöglichkeiten. Neben der gesprochenen Sprache wird auch die schriftliche Textverarbeitung und -produktion in den Blick genommen.
Ergänzend zum Schwerpunktthema rundet eine virtuelle Poster-Ausstellung mit wissenschaftlichen Beiträgen aus der sprachtherapeutischen Praxis und Forschung das Programm ab. Darüber hinaus bieten sechs Kurz-Workshops Gelegenheit, sich auf verschiedenen Gebieten sprachtherapeutisch praxisnah weiterzubilden.

Wir freuen uns, wenn Sie sich den 15. November für das Herbsttreffen freihalten, sich anmelden und interessierte Kolleg:innen, Freunde und Bekannte auf die Veranstaltung aufmerksam machen. Auf dass es auch dieses Jahr wieder ein bunt gemischtes Herbsttreffen wird!

6 | Werker: Sprachtherapie meets Pharmakologie

Sprachtherapie meets Pharmakologie: Eine klinisch-praktische Einführung in Speech Language Pharmacology
Simon Werker, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

Workshopbeschreibung
L-Dopa, SSRI, Donepezil – Medikamente beeinflussen Sprache, Kognition und Schlucken. Doch wie lassen sich die Effekte gezielt erfassen und wie können Sprachtherapeut:innen sie zu ihrem Vorteil nutzen? Dieser Praxisworkshop beleuchtet die Schnittstelle zwischen Pharmazie und Sprachtherapie. Welche Medikamente haben positive oder negative Effekte auf sprachtherapeutische Prozesse? Welche Wirkungen und Nebenwirkungen der häufigsten Medikamente sind besonders relevant? Über welche Quellen kann ich mich informieren? Wie erfasse ich die Medikation der Patient:innen strukturiert und wie häufig sollte ich diese Informationen einholen? Inwieweit darf oder sollte ich über Medikamente aufklären und welche rechtlichen Rahmenbedingungen sind dabei zu beachten? Und schließlich: Wie spreche ich Medikation im interdisziplinären Team an, um Ärzt:innen gezielt auf mögliche Therapiehindernisse oder Optimierungsmöglichkeiten hinzuweisen? Der Workshop kombiniert wissenschaftlich fundiertes Wissen mit praxisnahen Fallbeispielen, interaktiven Übungen und Tipps für die Praxis. Ziel ist es, Therapeut:innen mehr Sicherheit im Umgang mit medikamentösen Einflussfaktoren zu geben – für eine gezieltere und effizientere Therapie und ein stärkeres Standing im Versorgungsnetz.

Über den Referenten
Simon Werker ist Sprachtherapeut (B.A.) mit Schwerpunkt Neurorehabilitation und absolviert diesen Sommer den M.Sc. Translational Neuroscience in Düsseldorf und Jülich in Kooperation mit der Johns Hopkins School of Medicine. Neben dem Studium und der praktischen Arbeit als Therapeut arbeitet er wissenschaftlich zu Schnittstellen von Neuro- und Therapiewissenschaften. Sein Schwerpunkt sind medikamentöse Ansätze, wozu er Vorträge hält, Workshops gibt und mit internationalen Kolleg:innen kooperiert.