Wahrnehmung von Reduktionssilben bei Kindern mit und ohne Aussprachestörung
Anne Jasmin Heinzmann, Christina Kauschke & Ulrike Domahs
Philipps-Universität Marburg
Im frühen Erwerb des Deutschen kann es vorkommen, dass der unbetonte Vokal Schwa durch einen Vollvokal substituiert wird (Domahs & Kauschke, 2025; Kehoe & Lléo, 2003). Obwohl sich die Produktion von Reduktionssilben in der typischen Sprachentwicklung bis zum Alter von 2;6 Jahren stabilisiert, haben einige Kinder mit SES anhaltende Schwierigkeiten damit, Wörter mit Reduktionssilben korrekt zu produzieren (Kauschke, 2018; Kehoe & Lléo, 2003). Während zur Produktion des Schwa im typischen und auffälligen Spracherwerb bereits einige Daten vorliegen, gab es bisher keine Einblicke in die Wahrnehmung dieses Vokals. In einer Verhaltensstudie (Wort-Bild-Matching) wurde untersucht, wie Vokale in Reduktionssilben von Vorschulkindern mit und ohne SES (4;0 – 5;11 Jahre; jeweils n=10) im Vergleich zu erwachsenen Sprecher*innen (18 – 38 Jahre; n=27) wahrgenommen werden. Genauer wurde betrachtet, ob Manipulationen des finalen Vokals in Reduktionssilben (e.g. »Biene« /ˈbiːnə/ → *Biena /ˈbiːna/) zu einer Beurteilung eines Wortes als »falsch« führen. Die Auswertung zeigt, dass Erwachsene signifikant häufiger ein korrektes Urteil trafen als beide Kindergruppen. Außerdem schnitten die Kinder mit typischer Sprachentwicklung signifikant besser ab als die Kinder mit SES. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Vokale in finalen Reduktionssilben während des Spracherwerbs flexibler repräsentiert sind als nach abgeschlossenem Spracherwerb und dass Kindern mit SES derartige Manipulationen weniger präzise wahrnehmen.